Psychosomatische Grundversorgung

In der Psychosomatik geht es grundsätzlich darum, Zusammenhänge zwischen seelischen Problemen und körperlichen Symptomen, wie zum Beispiel chronischen Schmerzen zu erkennen. Das körperliche Symptom wird als Folge spezifischer seelischer Konflikte angesehen. Der Patient ist dabei in diesem Moment nicht in der Lage, die seelischen Konflikte zu lösen, so dass die überforderte Psyche spezifische körperliche Reaktionen auslöst. Dabei entsprechen bestimmte psychische Konflikte ganz speziellen körperlichen Reaktionsmustern.

Im Dialog zwischen Arzt und Patient sollen die dem körperlichen Symptom zu Grunde liegenden Konflikte erforscht und dem Patienten bewusst gemacht werden. Allein dieses „bewusst machen“ kann ausreichen, die Balance zwischen Körper und Geist wieder herzustellen und dadurch ein Abklingen der Beschwerden zu bewirken. In jedem Fall ermöglicht das Erkennen der Ursachen solcher Beschwerden, den richtigen Ansatz für eine therapeutische Intervention zu finden.

Wenn die Psyche den Körper quält.*

Der Patient fühlt sich krank, aber der Arzt findet keine organische Ursache – für viele Betroffene beginnt damit ein Teufelskreis. Dabei gibt es erfolgreiche Methoden, psychosomatische Krankheiten zu behandeln. Die Anzeichen können sich als dramatische Herzschmerzen zeigen, aber auch als Magen- und Darmbeschwerden, chronische Rückenschmerzen, Asthma, Hautausschlag, Tinnitus, Kopfschmerzen oder Essstörungen auftreten.

Die Palette der psychosomatischen Krankheiten ist lang – und im Prinzip kann jedes Symptom durch den Einfluss der Psyche auf den Körper entstehen. Dieses Zusammenwirken spiegelt sich auch in der Bezeichnung psychosomatisch wider. Sie setzt sich aus den griechischen Wörtern Psyche (Seele) und Soma (Körper) zusammen.

Dabei können sich psychosomatische Beschwerden auf zweierlei Weise zeigen:

Einerseits bilden sie sich während und nach tatsächlicher Krankheit. So nimmt der Betroffene z. B. einen harmlosen Mageninfekt besonders intensiv wahr. Ist er abgeheilt, richtet der Patient trotzdem noch seine ganze Aufmerksamkeit auf den Magen und nimmt jede kleinste Veränderung und normale Verdauungsanzeichen als Krankheitssymptom wahr. Banale Beschwerden machen große Sorgen, wobei die körperlichen Befunde nicht den Leidensdruck erklären. „Der Wahrnehmungsfokus ändert sich“, erklärt der Experte und vergleicht ihn mit einem Suchscheinwerfer, der nicht mehr die Umgebung absucht, sondern sich nach innen richtet. Andererseits können sich unter anhaltendem Stress und Überforderung körperliche Symptome bilden, etwa Magen- und Darmbeschwerden, Bluthochdruck, Rückenschmerzen, die gesamte Palette der psychosomatischen Krankheiten. Dabei kann der Übergang von einer psychosomatischen Krankheit zu einer „echten“ (somatischen) fließend sein: Die stressbedingte Nackenverspannung kann die Bandscheiben schädigen oder der durch Überforderung entstandene Bluthochdruck auf Dauer die Gefäße überlasten.

„Rund jeder Dritte, der in eine Arztpraxis kommt, leidet auch unter einer psychosomatischen Krankheit“, stellt der Psychosomatik-Experte Thomas Loew fest. Die Tendenz ist steigend. Einerseits, weil heute schneller die Diagnose einer psychosomatischen Erkrankung gestellt wird, weil die Aufklärungsarbeit der Medien in den letzten Jahren das Bewusstsein dafür stärkte. Sowohl Arzt als auch Patient tippen bei anhaltenden Beschwerden mit hohem Leidensdruck ohne oder mit geringer körperlicher Ursache schneller auf die Psyche. Odysseen von Arzt zu Arzt, wie sie Betroffene früher meistens durchstehen mussten, gehören damit in den meisten Fällen der Vergangenheit an.

*Quelle: Focus Online 14.05.2010